Christentum
Das Verbot der Erblinien
Ursprünge christlicher Sexfeindlichkeit
Damit sich das Christentum überhaupt durchsetzen konnte – und dadurch das Diktum der Gleichberechtigung aller Menschen vor Gott -, haben die frühchristlichen Frauen ihre Ehemänner und damit den primär auf Fortpflanzung fokussierten Sex zum Teufel gejagt. Wie sich heute in den apokryphen Evangelien nachlesen lässt, ging es ihnen vor allem darum, ein anderes Liebesverständnis auszuprobieren. Sie wollten nämlich eine Herz-zu-Herz Beziehung zu einem Mann aufbauen, um Freundschaft zwischen den Geschlechtern zu leben. Sie lehnten es ab, einfach nur die Ehefrau und Mutter der Kinder für einen Mann zu sein. Die Frühchristinnen bekannten sich zur Lehre von Jesus Christus, weil diese zwischen den Geschlechtern einen Umgang ermöglichte, der auf dem geistigen Gespräch sowie auf der nichtsexuellen Nähe zueinander aufbaute. Dies war damals einmalig, und es hatte zur Folge, dass im Christentum Ehelosigkeit und Kinderlosigkeit nicht mehr geächtet bzw. gesellschaftlich sanktioniert wurde, wie zum Beispiel anders im römischen Reich, in dem sogar eine Heiratspflicht bestand. Folglich bestimmten nicht die Erblinien die Zugehörigkeit zur christlichen Religion, sondern die Taufe und damit das Bekenntnis zum hl. Geist als Bindeglied aller Christen (A. Angenendt). Die Taufe als symbolische Verbindung im Geiste ersetzte die (jüd.) Beschneidung des Körpers.
Diese Ablehnung des Körperlichen hatte aber auch die Konsequenz, dass die Möglichkeit, im Sexuellen auch das Spirituelle und den Zugang zum Göttlichen zu sehen, nicht mehr anerkannt wurde – anders als dies etwa im indischen Hinduismus und Buddhismus gelebt wurde (doch da gab es wiederum nicht die Forderung nach Gleichberechtigung aller Menschen). Sex wurde somit als das Profane, nicht Erleuchtete und sogar Teuflische gebrandmarkt.
Meinem Eindruck nach kann man dies andere Frauenbild auch in den biblischen Texte finden und braucht die apokryphen Texte gar nicht unbedingt. Das die andere Rolle der Frauen auch eine andere Sexualität zur Folge haben musste ist naheliegend. Der Unterschied der frühen Christen zu heute liegt in der Naherwartung und das die Christen noch eine kleine Gruppe ohne Macht waren. Deshalb konnten sie alles anders als gewohnt sehen. Diese Freiheit bekommen wir heute wieder.
Die eigentliche Botschaft der biblischen Texte ist, dass das Reich Gottes nicht erst kommt, sondern schon da ist. In der christlichen Gemeinschaft sind die Unterschiede zwischen Sklaven und Freien, Männern und Frauen zugunsten einer Geschwisterlichkeit schon aufgehoben. Das Patriarchat in dem wir leben ist eine Machtkultur. Diese Macht wird im spirituellen Raum aufgehoben.
Es geht nicht nur um das Austeilen von Brot und Wein. Die Liebe ist ein Kraft, die ausgeteilt werden darf. Sie ändert unsere Sicht der Welt radikal. Die Liebe wird durch teilen mehr und nicht weniger. Das betrifft auch die Sexualität. In der Machtkultur des Patriarchats ist Sex eine Ressource, die knapp gehalten werden muss. Im Reich Gottes ein Geschenk der Lebendigkeit, von dem wir austeilen dürfen.
Das ist sehr inspirierend geschrieben: Die Liebe austeilen wie Brot, nur dass sie nicht wie das Brot weniger wird, sondern mehr. Danke für diesen schönen Gedanken.