Tantra

Gender und sexuelle Orientierung

Fluide Geschlechteridentität

Immer wieder werde ich in meinen Seminaren gefragt, wie verhält sich Tantra eigentlich zu Gender und sexueller Orientierung? Darauf gibt es keine allgemeine Antwort, sondern jede und jeder, der oder die Kurse leitet, beantwortet diese Frage individuell.

Ich heiße jede Gender-Identität und sexuelle Orientierung ausdrücklich willkommen, da sie ausnahmslos zu jedem Menschen dazugehört. Tantra begrüßt jeden Menschen egal welcher sexuellen Orientierung sowie Geschlechteridentität.

Im Tantra gibt es die symbolischen Größen des Weiblichen und des Männlichen, welche feste Bestandteile des tantrischen Raums sind. Diese Größen sind abstrakt, sie existieren nicht in dieser gesetzten absoluten Form in der konkreten Wirklichkeit. In der konkreten Wirklichkeit ist jeder Mensch eine einzigartige Mischung aus den symbolischen Kräften des Männlichen und des Weiblichen. Verhandelt also jeweils ganz individuell, wie er oder sie sich zum Weiblichen und Männlichen verhalten möchte. Ich schließe mich hier einer Beschreibung von Magnus von Hirschfeld an, der von 1919 bis 1933 in Berlin als Sexualwissenschaftler wirkte. Er sagte, dass alle Menschen quasi eine fluide Geschlechtsidentität besäßen. Ich stelle mir hierbei eine Skala oder einen Raum vor, in dem es zwei Pole von weiblich und männlich gibt, und ich mich selbst eigentlich jeden Tag dort neu verorten darf, irgendwo dazwischen, mal näher am Weiblichen oder näher am Männlichen.

Und was sagt der Körper dazu? Da wir es im Tantra mit dem menschlichen Körper und seinen Genitalien zu tun haben, sprechen wir für das männliche Genital vom Lingam und vom weiblichen Genital von der Yoni. Das Genital kann in der Regel eindeutig dem Weiblichen oder Männlichen zugeordnet werden. Die Schoßräume sind bei den Menschen sehr verschieden und machen eine jeweils andere männliche oder weibliche Körpererfahrung möglich.
Hingegen alles was wir über unsere Genitalien und Schoßräume erzählen, welche Narration wir uns geben und welche Geschlechter-Identitäten durch sie hergestellt werden und welche sexuelle Orientierung sich dann aus den Genitalien und ihrer spezifischen Verfasstheit ergeben, ist frei entscheidbar und sollte nicht durch Normierung eingeengt werden.