„Geben und Empfangen sind in Wahrheit eins“

Dieser Satz stammt aus „Ein Kurs in Wundern“ und ich finde ihn sehr wahr. Meistens sind wir uns im Alltag über die eigentlich ständige Existenz dieser Verbindung von Geben und Nehmen nicht bewusst, da uns die Alltags-Routinen fest im Griff haben. Manchmal denken wir dann, dass wir immer nur geben müssen und nichts zurückbekommen. Wir uns für andere aufopfern. Doch dieser Eindruck trügt, wir haben es leider oft verlernt, zu sehen, was und wo wir empfangen.

Wenn wir uns allerdings im tantrischen Raum oder im sexuellen Spiel miteinander begegnen, haben wir die besondere Möglichkeit, die Einheit von Geben und Empfangen auf direktem Wege zu erleben.

Wenn wir in einer Tantra-Massage als gebende Person sinnlich-achtsame Berührung schenken, und wir gleichzeitig so empathisch und verbunden mit der empfangenden Person sind, dass wir das Wohlbefinden der empfangenden Person spüren sowie die eigene Lust in unseren Händen durch die Massagegriffe in vollen Zügen genießen, dann sind wir in der Einheit von Geben und Empfangen: Wir geben Berührung, und es wird uns etwas zurückgegeben. Wir empfangen feinstoffliche Energie, die zwischen den beiden Körpern in der Massage fließt.

Ähnlich ist es beim Sex. Empfange ich von meinem Partner sexuelle Stimulation, so dass ich mich in die volle Hingabe fallen lassen kann, dann werde ich selbst zur Gabe, zum Geschenk, das vom anderen Part genossen wird: Ich empfange die sexuellen Impulse, welche mich zur Hingabe veranlassen und gebe mein Mich-fallen-lassen an mein Gegenüber zurück. So schließt sich der Kreis. Wenn Geben und Empfangen Ineinander-fallen stellt sich eine Zufriedenheit ein. Es ist „befriedigend“ – ein Wort, das vor allem auf Sex zutrifft –, und wir können sagen: eine „Befriedung“. Hierhin steckt das Wort „Frieden“ drin. Und wo Frieden ist, fließt Liebe, allgemeine vorbehaltlose Liebe. Dann ist meist auch Nähe da, weil wir mit uns selbst voll verbunden und „zufrieden“ sind und unsere Haltung dem anderen zeigen.

Deshalb sprechen wir im Tantra auch davon, dass wir in der Tantra-Massage Kanal für Liebe werden. Es ist eben diese Haltung des gleichzeitigen Gebens und Empfangens, die uns zum Kanal für Frieden und Liebe macht. In dem Moment wollen wir nichts vom anderen, sondern geben und verschenken uns voll, wobei wir gleichzeitig vom anderen voll empfangen. Das ist eine innere Haltung zu uns selbst, mit uns selbst und den anderen. Wir geben uns voll rein und sind wahrhaftig als wahres Selbst im Kontakt zu anderen Menschen. Die Gleichzeitigkeit von Geben und Empfangen einzurichten, ist eine Lebenskunst. Wir sind dadurch mit dem höheren Sein als Liebe ganz im Moment wohltuend und befriedend verbunden.

Das Gegenteil davon ist, wenn wir es nur dem anderen Zuliebe tun. Das zehrt uns mit der Zeit aus. Sollten wir einseitig empfangen, und es fließt nichts zu uns zurück, entwickelt sich eine Schieflage, und wir fühlen uns schuldig, nichts gegeben zu haben, und daraufhin haben wir ein schlechtes Gewissen. Darum lohnt es sich die Lebenskunst des Gebens und Empfangens zu beherzigen und die Momente zu suchen, in denen dieser absichtslose Austausch möglich ist.
>> Lies hier weiter im Blog-Artikel Absichtslos den Raum halten