Sapiosexualität

Sapiosexualität liegt heutzutage ganz im Trend. In Onlineportalen bezeichnen sich immer mehr Menschen, vor allem Frauen, als „sapiosexuell“. Schaut man sich die Begriffszusammensetzung genauer an, dann geht „sapiosexuell“ auf „Sapientia“, die Klugheit oder Weisheit, zurück. „Sapere“ heißt, etwas geistig oder spirituell schmecken bzw. erfassen und wahrnehmen. Das geistig-sinnliche Schmecken und Wahrnehmen hat in der christlichen Kultur eine lange Tradition. Schon Origines sprach davon, dass die Texte der Bücher „gekaut“ werden sollten und ihr „Geschmack“ und damit der Sinn der Worte wie Honig aus einer Wabe entnommen werden sollte. Hierbei ging es um die Suche nach Spiritualität, ganz konkret um die Erfahrung mit Gott geistig verbunden zu sein, Gott ganz real beim Lesen der Worte zu spüren und ihm somit zu begegnen.

Somit scheint das Begehren der sich als „sapiosexuell“ bezeichnenden Menschen genau auf diese geistige Kraft und Energie zu zielen, die eine über das rein Sexuelle hinausreichende göttliche Dimension zwischen den Partnern beschreibt. Das sapiosexuelle Verlangen zelebriert besonders die Geist-Erfahrung. „Sapiosexuell“ sind Menschen, die den Anspruch erheben, dass es nicht nur um das Aussehen, den gesellschaftlichen Status oder die Attraktivität eines Menschen geht, sondern darum, wie gut der meditativ-geistige Flow beim Sex miteinander funktioniert. Sapiosexuelle suchen eine Partnerin oder einen Partner, mit der oder dem sich eine besondere mystische oder ekstatische Erfahrung beim Sex machen lässt und dass sich eine solche Erfahrung leicht und unbeschwert wie ein Geschenk einstellen möge. Das kann die Erfahrung von mystischer Liebe sein, einer unergründlichen Verbundenheit, die im Kosmos verankert zu sein scheint, oder das Empfinden von Ich- und Zeitlosigkeit, eine Form der Ekstase also. Hier ließe sich noch viel ergänzen, und wir dürfen gespannt sein, mehr zu diesem Thema Sapiosexualität zu hören.