Orgasmisch-sein über das Ohr

Was heißt O(h)rgasmus?

Höhepunkt über das Ohr

Beim Ohr-Orgasmus steht nicht das Sehen sondern das Hören im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Das Ohr gilt als das Sinnesorgan für Spiritualität. Zum Bespiel kann man zwischen den Zeilen „hören“, wodurch einem eine geheime Botschaft zu teil wird. Andererseits lässt sich leicht über das Ohr auch Einfluss auf einen Menschen nehmen. Anders als das Auge, kann das Ohr nicht verschlossen werden. Man spricht von Hörigkeit, wenn man jemandem verfallen ist. Wenn man einer Macht „blind“ folgt, was soviel heißt, wie ohne nachzudenken. Mal abgesehen von der politischen Dimension, wenn etwa eine Masse hörig ist und das missbraucht wird, kommt hierin aber auch die große Potenz des Ohrs für Hingabe zum Ausdruck. Das mag mit dem direkten Zugang des Ohrs zu unserem Nervensystem, genauer zu unserem Vagusnerv, zusammenhängen. Das Ohr ist Teil des parasympathischen Nervensystems, das Auge ist Teil des sympathischen Nervensystems, welches auf Aktivität ausgerichtet ist. Durch das Ohr empfangen wir, wir geben uns hin und bringen die Reize in uns ins Gleichgewicht, nutzen sie für unsere Entspannung. Hier kommt auch das ins Spiel, was Regina Heckert mit dem Ohr-Orgasmus meint, dass nämlich ins Ohr ein liebliches Wort geflüstert wird etwa beim Liebesspiel und die Empfängerin oder den Empfänger dadurch in Bereitschaft und Lust versetzen werden kann, sich noch mehr sogar bis zum Orgasmus hinzugeben. Der Hauch des Atems oder auch das Knabbern am Ohrläppchen sei hier auch erwähnt. Es ist eine Wirkung jenseits der Wortbedeutung, ein Erschauern vielmehr unseres Körpers, das uns in ein wohliges Spüren versetzen kann. Wir horchen innerlich auf den kleinsten Reiz und lauschen.   Eine beobachtende Empfangsbereitschaft zeigt sich über das Ohr anders als beim Auge, das in das Tun geht und zielorientiert nach vorne strebt. Doch übersieht das Auge vielleicht das Wesentliche, die eigentliche Botschaft, den tieferliegenden Sinn? Der tiefere Sinn wird uns meist erst langsam, allmählich gegeben. Es muss hieingefühlt und -gehorcht werden. Und erst dann, wenn etwas in uns gereift ist, wird es plötzlich klar, so wie ein Aha-Effekt und wir verstehen. Diese spezifische Art des „Kommens“ von Sinn und von Verstehen lässt sich auf auf das körperliche Erleben beim Orgasmus übertragen. Der Ohr-Orgasmus kommt durch die Hintertür, schleicht sich wie der tiefere, zwischen den Zeilen liegende Sinn ein. Auf einen Schlag fällt dir auf, dass du beim Sex unaufhaltsam lachst, nicht mehr aufhören kannst. Auf einmal strömen Tränen über deine Wangen und Gefühle steigen aus deinem Inneren in deinen Geist, oder du überschüttest deinen Liebhaber mit Worten des Lobes, der Liebe, der Verehrung, irgendetwas ist anders als sonst, du bist nicht mehr in einem normalen Zustand, sondern in einem besonderen Space, der womöglich aus der Zeit herausgefallen ist. Ein O(h)rgasmus. Das Auge hingegen geht von Ursache und Wirkung aus. Ich halte einen Dildo an meine Klitoris und unaufhaltsam, auf relativ direktem Wege wird er ausgelöst der Orgasmus über das Auge, auf Knopfdruck. Ursache – Wirkung. Ganz einfach. Das ist auch schön, keine Frage, überraschen tut mich aber vor allem der O(h)rgasmus, denn er ist tief spirituell. Kann etwa die Beziehung zu meinem Partner einbeziehen. Oder er bezieht Konflikte ein, die ich vielleicht in mir trage und die sich jetzt zeigen dürfen, er befördert meine Gefühle zutage, welche mir vorher noch gar nicht bewusst waren.